Was ist der Schauder, den wir spüren, wenn wir gesammelt das Wort Tod hören und wir uns dieser inneren Bewegung aussetzen? Wir stehen vor etwas unbekanntem Unheimlichen, das uns sowohl anzieht als auch zurückschrecken lässt. Es ist das Gefühl, als müssten wir durch ein Tor schreiten, hinter dem uns etwas in jeder Hinsicht anderes erwartet. Ähnlich vielleicht wie bei der Geburt.
Dort wurden wir auch durch ein Tor getrieben und von unserer bisherigen Lebensgrundlage, dem Lebensfaden, abgeschnitten und in das eigentliche Leben entlassen. Damals geschah es unbewusst, doch in einer Bewegung, die uns bis in jede Körperzelle hinein erfasst hat.
Den Tod dagegen haben wir immer vor Augen. Vor diesem Tor warten wir ein ganzes Leben und fragen uns:
Was erwartet uns, wenn wir es durchschreiten?
Vielleicht werden wir durch dieses Tor getrieben, plötzlich, unerwartet, wie bei der Geburt. Vielleicht durchschreiten wir es gesammelt, weil uns nichts mehr zurückhält. Vielleicht stoßen andere uns durch dieses Tor, wie zum Beispiel ein Henker. Ob es einen Unterschied macht? Wir wissen es nicht. Setzt sich dahinter etwas fort, wie wenn, was hier war, weitergeht und sich vollendet? Wir wissen es nicht.
Im Stehen vor diesem Tor werden wir unserer Ohnmacht bewusst, und wir werden urne, wie klein und ausgeliefert wir im Letzten sind.
Was bleibt uns also? Es bleibt uns das Leben, solange es dauert. Statt auf das Tor des Todes zu schauen, wenden wir uns von ihm weg dem Leben zu und nehmen es in seiner Fülle mit Dankbarkeit und Freude. Nach einem erfüllten Leben schauen wir ruhiger auf dieses Tor, bereit zum nächsten Schritt, wenn es sich endlich vor uns auftut.
Aus Bert Hellinger „Gottesgedanken“